51,5 x 39 cm.
Wir danken Nicholas Turner für die Zuschreibung nach Prüfung im Original.
Das Amorknäblein ist hier auf einer Ziegelmauer nackt auf einem weißen Tuch sitzend dargestellt. Der rechte Arm ist ausgestreckt, in der Hand hält er einen Bogen. Ein Pfeil ragt unter dem Tuch hervor, auf dem er sitzt. Sein Oberkörper ist leicht gebeugt, der Kopf gesenkt. Der Blick ist auf seine Bogenhaltung gerichtet. Die bisherigen Beschreibungen des Bildes gehen davon aus, dass das Knäblein einen Pfeil abgeschossen hat und ein zweiter für ein weiteres Opfer bereitliegt (Dorotheum 2012). Diese irrtümliche Annahme verkennt, dass das etwa einjährige Kleinkind den Bogen völlig verkehrt hält. Damit ist die Bildaussage also weit raffinierter, als sie auf den ersten Blick erscheint – ein markantes Merkmal des Manierismus: Cupido versucht sich hier also noch tollpatschig an seinem Werkzeug und ist noch nicht in der Lage, es zu bedienen. Sein Blick ist nicht prüfend in die Ferne gerichtet; sein enttäuscht fragendes Gesicht verrät ihm seine Ungeschicklichkeit. Darin liegt der besondere Reiz der Darstellung. Guercino hat das Thema der Amorknaben mehrfach behandelt, jeweils in übereinstimmender Stilistik, mit füllig-rundlicher Körperwiedergabe. In seinem Werk „Venus, Mars und die Liebe“ von 1634 ist Amor bereits etwas älter gezeigt und schon fähig, den Bogen richtig zu halten (Modena, Galleria Estense). Gleiches gilt für seine Amordarstellung in seinem Selbstbildnis von 1655 (Washington, National Gallery, vgl. Abb. Stich), in seinen Werken „Mars mit Cupido“ und „Der Heilige Wilhelm empfängt die Mönchskutte“, die aus seiner vorrömischen Periode um 1620 stammen, in die auch das hier vorliegende Gemälde einzuordnen wäre. Zuweilen finden sich Wiederholungen des Cupidomotives aus großen Bildzusammenhängen, die der Maler neben seiner Auftragstätigkeit für Sammler als Nebenerwerb fertigte. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Für das hier vorliegende Gemälde wurde bisher noch kein adäquates Beispiel gefunden. Die hier zu erkennende, nach meiner Deutung hintergründige Bildaussage ist auch allzu solitär, als dass sie als „Nebenprodukt“ aus einem anderen Bildzusammenhang zu vermuten wäre. Auch darin liegt die Einzigartigkeit des hiesigen Werkes als eigenständige Bilderfindung. A. R.
Provenienz:
Dorotheum Auktion, 17. Oktober 2012.
Christie´s Auktion, Juli 2020.
Literatur:
Nicholas Turner: The paintings of Guercino: a revised and expanded catalogue raisonné, Rom 2017, S. 348 Nr. 92 (abgebildet).
Vgl. Ausst.-Kat.: Palazzo Chiablese, „Guercino. Il mastiere del Pittore“, Turin 2024
Vgl. Luigi Salerno, I dipinti del Guercino, Rom 1988, S. 148/49, Nr. 69; und Denis Mahon, „Catalogo critico“, in: Giovanni Francesco Barbieri Il Guercino 1591-1666, Ausst. Kat., Museo Civico Archeologico, Bologna, und Pinacoteca Civica und Chiesa del Rosario, Cento, September bis November 1991, S. 128-131, Nr. 45.
Vgl. Luigi Salerno, I dipinti del Guercino, Rom 1988, S. 131, Nr. 54 (Versorgung der Wunden des hl. Sebastian in der Pinacoteca Nazionale, Bologna) sowie S. 132 ( Halbfigurigen Sibylle von 1619 aus der Sammlung Dennis Mahon). (1431121) (11)
Giovanni Francesco Barbieri,
also known as “Guercino”,
1591 Cento – 1666 Bologna
CUPID WITH BOW ON A WALL
or more accurately:
FIRST ATTEMPTS OF LITTLE CUPID
Oil on canvas.
51.5 x 39 cm.
We would like to thank Nicholas Turner for his identification of the artist after examining the original painting.
Provenance:
Dorotheum, 17 October 2012.
Christie’s, July 2020.
Literature:
Nicholas Turner, The paintings of Guercino: a revised and expanded catalogue raisonné, Rome 2017, p. 348 no.92 (ill.).
cf. Guercino. Il mastiere del Pittore, exhibition catalogue, Palazzo Chiablese, Turin 2024.
cf. Luigi Salerno, I dipinti del Guercino, Rome 1988, pp. 148/49, no. 69. Denis Mahon, Il Guercino. in: Giovanni Francesco Barbieri, 1591 - 1666. Catalogo critico dei dipinti, exhibition catalogue, Museo Civico Archeologico, Bologna, and Pinacoteca Civica and Chiesa del Rosario, Cento, September - November 1991, pp. 128-131, no. 45.
cf. Luigi Salerno, I dipinti del Guercino, Rome 1988, p. 131 no. 54 (Care of the Wounds of St Sebastian in the Pinacoteca Nazionale Bologna) and p. 132 (Half-figure Sibyl from 1619 from the Dennis Mahon Collection).