WILHELM MORGNER (1891 Soest - bei Langemark 1917) – Ornamentale Komposition XIII (Les Saintes Femmes)
• Morgner gilt als Hauptfigur des Westfälischen Expressionismus und als Wegbereiter der Abstraktion
• Die beiden „Ornamentalen Kompositionen“ gehören zu einer Gruppe wichtiger abstrakter Werke aus dem Jahr 1912
• Großformatige Gemälde in leuchtenden Farben
Wilhelm Morgner wächst in gutbürgerlichen Verhältnissen im westfälischen Soest auf. Der Vater stirbt früh, die Mutter hätte ihren Sohn gerne als Pfarrer gesehen. Doch Morgner hat andere Pläne: Ermutigt durch die Fürsprache Otto Modersohns, ebenfalls gebürtiger Soester und Mitbegründer der Malerkolonie Worpswede, tritt er 1908 in die private Kunstschule Georg Tapperts (1880-1957) in Worpswede ein. Dieser bleibt bis zu Morgners Tod sein künstlerischer Berater und Freund. Bereits 1909 kehrt Morgner in seine Heimatstadt Soest zurück, wo er sich in der Stadt und der Umgebung Ateliers einrichtet und noch im selben Jahr das erste Mal seine Werke ausstellen kann. Ab 1911 reist er häufiger nach Berlin und findet dort Anschluss an die Kreise der modernen Künstler, darunter Arnold Topp und Wilhelm Wulff. Hier kommt er außerdem in Kontakt mit dem Pointillismus und lernt Werke van Goghs und des frühen Expressionismus kennen. All diese neuen Stile nehmen starken Einfluss auf sein Schaffen - er verarbeitet die gewonnenen Erkenntnisse in seinen Werken, welche sich ab 1912 zunehmend von der gegenständlichen Darstellung lösen und mit der Wirkung der reinen Farbe auseinandersetzen.
Infolge seines wachsenden Renommees kann Morgner seine Arbeiten in wichtigen Ausstellungen zeigen. Von 1911 an, mit 20 Jahren, beteiligt sich der junge Künstler an Ausstellungen der Neuen Sezession in Berlin, des Blauen Reiters in München und des Sonderbundes in Köln.
Unsere beiden Gemälde Morgners gehören zu einer Gruppe wichtiger Arbeiten aus dem Jahr 1912, denen Tappert die Titel „Ornamentale" oder „Astrale" Kompositionen mit arabischen oder römischen Nummern gibt. Morgner ist mit diesen bedeutenden Werken einer der ersten Künstler, der den Weg zur Abstraktion in der modernen Kunst findet.
Nur ein Jahr nach der Entstehung der beiden „Ornamentalen Kompositionen“, im Jahr 1913, muss Morgner eine deutliche Einschränkung seiner künstlerischen Arbeit hinnehmen – er wird zum Militärdienst einberufen und kann keine aufwendigen Ölbilder mehr erstellen.
Als Morgner mit nur 26 Jahren am 6. August 1917 in der Schlacht bei Langemark in Westflandern fällt, bleiben viele seiner Bilder unsigniert. Morgners typische, an einen Schmetterling erinnernde Monogrammligatur wird von seiner Mutter, seiner Schwester Mari und auch von Georg Tappert angebracht. Die beiden vorliegenden Gemälde aber gehören zu den wenigen Werken, die ein Monogramm und eine Datierung von der Hand des Künstlers tragen.
Verso auf der Leinwand von Georg Tappert beschriftet mit der Werknummer „157“, der durchgestrichenen alten Werknummer „140“, dem Entstehungsjahr 1912, der Bezeichnung „Morgner Komp. 13“, Maßangaben und Tapperts Signaturkürzel „Tpt.“.
Weihs-Tappert 153.
Mit einem ausführlichen Gutachten von Walter Weihs, Wilhelm-Morgner-Archiv, Soest, vom 12.10.2024.
Provenienz:
Nachlass des Künstlers;
Privatbesitz, Rheinland, in den 1950er Jahren durch Vermittlung von Dr. Hans Lühdorf (Düsseldorf 1910-1983) direkt bei der Familie des Künstlers erworben;
Privatbesitz, Süddeutschland, durch Erbfolge an den jetzigen Besitzer.